Liz Steel aus Sydney und Marc Taro Holmes aus Montreal haben die Aktion #OneWeek100People2017initiiert und laden weltweit ein mitzumachen. Das Ziel ist, vom 6.-10.3.2017, also innerhalb von 5 Tagen, 100 Menschen zu skizzieren.
Das klingt erst einmal unerreichbar. 100 Menschen, das sind circa 20 pro Tag! Doch der Hintergrund der Aktion ist, sich im Zeichnen von Menschen ein bisschen mehr zu üben. Also, warum nicht als „Every Day Sketch“ für eine Woche in unser Leben integrieren? Nehmt ein kleines Skizzenbuch mit nach draußen oder zeichnet vor dem Fernseher. Ihr könnt auch Fotos als Grundlage nehmen.
Es können Skizzen sein, die nicht länger als ein, zwei Minuten dauern oder für die man sich länger Zeit nimmt. Ob nun Menschen im Wartezimmer, im Büro, in der U-Bahn, im Café, in der Talkshow oder das klassische Selbstporträt. Alles ist möglich. Und nichts muss perfekt sein.
Wer seine Bilder in den sozialen Medien teilt, kann den Hashtag der Challenge nutzen:
#OneWeek100People2017 Dann kann jeder, der den Hashtag eingibt, auch eure Arbeiten im Internet finden.
Die beiden haben noch einige Tipps für die Teilnehmer:
Plant die Zeit zum Skizzieren ein. Ein halbe Stunde pro Tag findet sich.
Geht an belebte Orte. Dort finden sich viele Modelle und Motive.
Wer nicht allein draußen zeichnen möchte, kann auch mit anderen in der Gruppe losziehen.
Wer nicht draußen zeichnen möchte, nutzt Familienmitglieder, Fotos, den Spiegel oder das Fernsehen.
Seid nicht zu kritisch mit euch. Zeichnet einfach! Ihr werdet die Entwicklung in euren Skizzen nach der Woche sehen.
Ich lese gerne Artikel, in denen Menschen ihre Erfahrungen mit Kunstmaterial preisgeben. Der Farbsammlerhat vor einem Jahr Aquarellpapier ausprobiert und so darüber geschwärmt, dass ich sofort Lust bekam, meine Aquarellfarben und Zeichentuschen einzusetzen. Das Problem war nur, dass ich kein Aquarellpapier zur Hand hatte und es zudem Wochenende war. Aber das hielt mich nicht auf, denn wer Kopierpapier hat, kann daraus nach kurzer Zeit eine Art Aquarellpapier machen.
Dafür braucht ein/e experimentierwillige/r Künstler*in
Papierschnipsel z.B. aus Kopierpapier („Schmierpapier“, kann beschrieben oder bedruckt sein), die man am einfachsten mit dem Aktenvernichter herstellt,
eine Plastikwanne oder einen Eimer,
viel Wasser,
einen Pürierstab o.Ä.,
einen Schöpfrahmen zum Schöpfen des Papiers,
Zeitungspapier
und ein klein wenig Geduld.
Die Papierschnipsel werden ein paar Stunden oder über Nacht gewässert. Dann können mit dem Pürierstab (ich habe einen ausrangierten) die Schnipsel zum Papierbrei (Pulpe) klein gehäckselt werden. Wichtig ist, dass immer noch genügend Wasser im Bottich vorhanden ist, damit der Pürierstab nicht heiß läuft. Das Ergebnis ist eine sämige, breiige Masse.
Am besten funktioniert das Papierschöpfen in einer Wanne, in die man den Schöpfrahmen vollständig eintauchen kann. Das richtige Verhältnis von Pulpe zu Wasser sieht so aus, dass sie von der Konsistenz her wie eine pürierte, leicht wässrige Suppe aussieht. In manchen Büchern wird das Verhältnis 1:9 (Pulpe:Wasser), in anderen 1:4 angegeben. Probiert einfach aus, was euch am besten behagt.
Nun wird der Schöpfrahmen schräg in die Masse eingetaucht und gerade wieder herausgehoben. Ich lege dann von oben ein Zeitungspapier auf und drücke damit das Wasser durch das Sieb aus dem Pulp heraus. Anschließend „stürze“ ich das Sieb mit dem Papierbrei und dem Zeitungspapier, sodass das Sieb oben liegt. Vorsichtig wird es von der Pulpe abgeklopft. Dann kann diese auf dem Zeitungspapier trocknen. Fertig ist das handgeschöpfte „Aquarellpapier“, das natürlich nicht dem Standard entspricht. Das Trocknen dauert eine ganze Weile. Für Nass-in-nass-Malerei kann es natürlich schon verwendet werden, wenn es noch feucht ist.
Tipp: Wasser aus dem Trockner ist gut geeignet, weil es keine Nährstoffe mehr enthält. So kann die Pulpe auch mal ein paar Tage stehenbleiben, bis sie aufgebraucht worden ist. Und sollte zu viel Pulpe gemacht worden sein, aber zu wenig Zeit zum Schöpfen zur Verfügung stehen, wird sie im Sieb vom Wasser befreit, ausgewrungen und trocken gelagert, bis sie irgendwann wieder in Wasser aufgeweicht wird.
Manche benutzen übrigens lieber saubere Spültücher, um die geschöpfte Lage Papier zu halten und auf die Wäscheleine zu hängen.
Meinen Schöpfrahmen habe ich selbst gebaut. Ich habe einen Holzrahmen (lackiert ist gut, aber nicht zwingend notwendig) des schwedischen Möbelhauses genommen und ein Gitter, das man normalerweise für Kellerfenster verwendet, darauf getackert. Man kann aber auch eine sehr feinmaschige Gardine nehmen.
Falls die Wanne nicht groß genug für den Schöpfrahmen ist, kann man auch mit einem Becher die Pulpe auf den Schöpfrahmen gießen. Das Ergebnis ist nicht so gleichmäßig, aber lohnt sich vor allem, wenn man mehrere farbige Pulpen verwendet (Das Verfahren beschreibe ich noch in diesem Frühling in einem anderen Beitrag).
Fürs Bemalen kann das Papier trocken oder feucht sein. So sehen Aquarellfarben und -stifte, Beize und Tusche auf dem Papier aus.
Ich freue mich, für die diesjährige Bremer Kap-Hoorn ART-Ausstellung im Mai wieder ausgewählt worden zu sein. Dieses Jahr werden die verschiedensten Auffassungen von KonTЯAsten künstlerisch thematisiert.
Das Kap-Hoorn-Team fragte danach, worin Künstler_innen die größten konTЯAste unserer Zeit sehen und wie sie diese künstlerisch umsetzen? „Werden konTЯAste von ihnen bewusst krass, laut und unüberwindbar gesetzt, oder geht es dabei auch um entstehende Zwischentöne? Wie setzen sie künstlerische Mittel wie Farbe, Material und Technik bewusst ein, um konTЯAste herzustellen?“ (Kap-Hoorn ART 2016)
Mein Beitrag ist dieses Jahr eine 27-teilige Installation aus der Serie Menschen der Stadt, von der hier ein Ausschnitt zu sehen ist. Alle Zeichnungen sind passepartouiert und 30 x 30 gerahmt. Die endgültige 2017er Fassung und Anordnung wird vor Ort entschieden.
Mich haben zu diesem Thema die aktuellen Diskussionen inspiriert, in denen sich die Menschen mit ihren unterschiedlichen Haltungen und Meinungen durch Wort und Tat von anders Denkenden abgrenzen wollen.
Vor allem die Flüchtlingskrise und wie sie von den Rechtspopulisten funktionalisiert wird, verdeutlichte mir den vorherrschenden Kontrast. Viele Menschen machten in den letzten beiden Jahren klar, dass sie mit den Flüchtlingen in Deutschland nicht einverstanden seien. „Die passen nicht zu uns, die sind anders!“, wurde der Tenor in den rechtspopulistischen Reihen zusammengefasst. Ein Zusammenleben scheint nicht möglich zu sein, weil wir zu verschieden sind.
Kontraste werden vor allem durch den Vergleich mit dem eindeutig Fremden sichtbar. Doch sie stecken auch im politischen, soziologischen und gesellschaftlichen Detail. In unserer westlichen Gesellschaft wird es immer Kontraste geben, weil es überall gegenpolige Meinungen und Lebensauffassungen gibt.
Meine zweidimensionelle Installation, die seit 2007 entsteht, zeigt die Vielfalt der Menschen. Man sieht nicht jedem an, welche Lebensauffassung er hat, ob er Veganer oder Carnivore, arm oder reich, verheiratet oder alleinlebend, Frühaufsteher oder Nachtschwärmer ist. Und genau das ist der Reiz an den Kontrasten, die das Zusammenleben gestalten: eine Vielfalt, die zur Kommunikation einlädt. Manchmal leider auch nicht.
Derzeit arbeite ich wieder viel mit und in meinen Skizzenbüchern, worin ich auch die Städte, in denen ich bin, skizziere. Das erinnerte mich an meine vielen Zeichnungen und gemalten Bilder von Berlin, New York, London und vielem mehr. Und auch an meine neuen Radierungen aus diesem und dem letzten Jahr. Wie habe ich eigentlich meine Heimatstadt vor 10, 20, 30 Jahren im Gegensatz zu heute gesehen?
Im Sommerurlaub schrieben Pauline und Jeannette Getrost die Geschichte von Rosa auf, einem kleinen Mädchen, das ganz viele Dinge in der Farbe ihres Namens geschenkt bekommt. Irgendwann muss das doch auch anstrengend werden, überlegten sich Pauline und Jeannette. Ihre Ideen dazu werden morgen in einer Lesung präsentiert. Die Illustrationen sind von mir.
Der Eintritt zur Kinderbuchlesung mit Bildern ist frei. Um 15.00 Uhr fängt es am Samstag, den 4. Juni 2016 im Studio Balu, Torfstraße 13a, 13353 Berlin an. Wir freuen uns, wenn ihr vorbeikommt!
Am nächsten Wochenende ist es soweit und rund 50 Künstler_innen stellen ihre Positionen zu planet eARTh – agenda 2030 aus. Zur Einstimmung kam letzten Monat schon ein Bericht aus der Zeitschrift kunst:stück. Magazin für Kunst und Kultur. Bremen/Oldenbourg + Hannover. Mai/Juni 2016.
In der unteren Bildseite kann man erkennen, dass auch einer meiner Beiträge abgebildet worden ist (das 2. von links)! Die Kunst des Hinzufügens aus dem Jahr 2013.
Vor einem Jahr sandte Anke Westermann einen Open Call aus und bat Künstler, Architekten und auch engagierte Anwohner um einen zeichnerischen Beitrag zu ihrem Stadtraumprojekt Projektor. Ausgangspunkt war eine Baulücke in der Almstadstraße in Berlin-Mitte. Anke Westermann „will die Stadtentwicklungsdebatte unter künstlerischen Gesichtspunkten neu beleben“¹, indem die „Nicht-Orte“, wie sie die entstandenen Baulücken nennt, anders als in der üblichen Weise wahrnehmbar gemacht werden.
Die Idee war, die diversen Ideen und Utopien der eingereichten Arbeiten auf die Wand des Gebäudes der Almstadstraße 51, welches die Baulücke beendet, großformatig zu präsentieren. Da sich jedoch bisher kein Sponsor finden ließ, lud Anke Westermann anlässlich ihrer Ausstellung 1#1Site alle zur Contributions ein, um die Arbeiten im Kleinformat präsentiert zu sehen.
Mitten in einem Hinterhof im Wedding liegt der Artspace Phoenix-BB. Tritt man in den kleinen Raum hinein, steht man sofort vor zwei großen Steinwänden, durch die man sich hindurchzwängen muss. Hinter der letzten Ecke des Ganges erwartet den Besucher das Szenario einer beengten Großstadt. Auf eng beieinander stehenden Sockeln sind Elemente von Häusern aus Ton angeordnet. Langgezogene Urformen des Hauses stehen dicht gedrängt am Boden und recken sich dem projizierten Film einer Baustelle entgegen.
Anke Westermanns potenziert in ihrer Ausstellung 1#1Site die Verdichtung des Stadtraums und des damit verschwindenden gestaltbaren Freiraums, der durch die Enge des verkleinerten Ausstellungsraums physisch erfahrbar wird. Wir ziehen unwillkürlich die Schultern an und bewegen uns vorsichtig, um nirgendwo anzustoßen.
Auf den Frontflächen der Sockel wiederum ist Bewegung: Die Beiträge ihres Open Calls werden dort in loser Folge projiziert. Um die Enge des Raums noch zu verstärken, sind die Bilder größer als der vorn stehende Sockel, sodass die Bilder jeweils geteilt auch auf den anderen dahinter angeordneten Sockeln erscheinen. Dadurch entsteht ein bizarres perspektivisch verzerrtes Bild, das von keiner Position aus vollständig zu sehen ist.
Der gemeinsame Beitrag von Antje Höricht und mir hat sich durch die Anordnung stark verändert, wie man das hier am Vergleich sehen kann.
Die Stadtraum-Installation Projektor ist damit noch nicht abgeschlossen. Unterstützt ein Sponsor das Projekt, wird es „haushohe“ Ausmaße annehmen. Das wird fantastisch aussehen.
¹ Anke Westermann (2015): Projektor. Open Call. https://www.ankewestermann.de/projekte/projektor/open-call.html – Download am 15.5.2016.
Jährlich treffen sich Unternehmerinnen der verschiedensten Branchen auf einer internen Convention, um in Workshops und Open-Space-Gesprächen Fragen zu klären und neue Impulse zu bekommen. Diesmal kamen wir am ersten Maiwochenende in Berlin zu unserem 10. Treffen zusammen. Wir trafen uns in der Weiberwirtschaft, die inmitten des alten Brunnenstraßenkiezes liegt. Auch ich gab einen Workshop, der sich abseits der Businessthemen um ein künstlerisches Angebot drehte: Mach dir ein Bild von der Welt.
Angesichts der Altbauten und Hinterhöfe, die rund um die Weiberwirtschaft zu sehen sind, wollte ich Urban Sketching (Stadtzeichnen) anbieten. Ich zeichne sehr gern das, was um mich herum ist. In der Regel sind die Teilnehmerinnen aber meist weniger zeichenaffin. Daher wollte ich ihnen verschiedene Möglichkeiten bieten, auf dem leeren Blatt Papier einen Anfang zu setzen, an dem sie sich weiterhangeln können.
Als erstes stellte ich ihnen den Sucher vor. Der Sucher ist ein kleines Fenster aus festem Karton, das schnell selbst hergestellt ist. Einfach den kleinen Karton in der Mitte einmal falten und dann zwei parallele Schnitte mit der Schere schneiden. Dadurch legt man die Rahmenbreite des Motivsuchers fest. Anschließend wird das Rechteck ausgeschnitten und fertig ist der Motivsucher. Schaut man sich die Umgebung durch den Sucher an, hat sie einen Anfang und ein Ende. Das erleichtert den ersten Strich, denn durch den Sucher teile ich mir mein potentielles Motiv ein und überprüfe es auch auf seine Wirkung hin.
Der zweite Tipp von mir war die Gestaltung mit Stempeln. Eine Stadtlandschaft besteht zum größten Teil aus geometrischen Formen. Meine Überlegung war, dass ich mit Stempeln diese Formen aufs Papier setze. Dann ist schon etwas platziert, worauf ich anschließend die Details zeichnerisch und malerisch hinzufügen kann. Ich hatte im Atelier Stempel aus Holz und Moosgummi vorbereitet, mit denen ich diese Formen auf das Blatt übertragen kann: Quadrate, Rechtecke, Dreiecke, Balken… Teilweise habe ich mit einem Stift Formen in die Oberfläche des Moosgummis geritzt, wodurch sich der Abdruck verändert.
Setzt man nun mit dem Stempel eine erste farbige Fläche aufs Papier, hat man seinem Bild eine Richtung vorgegeben. An diese können sich weitere gestempelte Farbflächen anlehnen. Aber es können auch mit Blei- und Farbstiften, Pinsel oder Finelinern die Flächen weiterbearbeitet werden. Architektonische Details wie z.B. Ornamente, Ziegelsteine, Fenster o.ä. werden eingezeichnet und immer wieder mit der Stempelfläche in Verbindung gebracht. Für das Weiterentwickeln der Stempelflächen hatte ich viele verschiedene wasserlösliche Aquarell- und Tuschestifte, Wassertankpinsel, Graphitstifte, Ölkreiden, Brushpens und Fineliner mitgebracht, damit jede das richtige Material für ihr Bild findet.
Die Stempel machten das Rennen. Hat man ja auch nicht täglich dabei. So saßen wir gemütlich im sonnigen, ruhigen Innenhof der Weiberwirtschaft und probierten eine Stunde lang, unsere Eindrücke aufs Papier zu übertragen. Die Stempel-Methode, die hier Premiere hatte, hat die Teilnehmerinnen und mich sehr begeistert. Alle überwanden den Anfang ohne Schwierigkeiten, die sich sonst beim ersten Urban Sketching in den Vordergrund drängen. Es wurde beherzt gestempelt, gezeichnet, neues Material (Stifte etc.) entdeckt und Kompositionen überdacht. Am Ende des Workshops hatten wir wunderbare Ergebnisse, die den unverwechselbaren Stil jeder Teilnehmerin zeigen.
Im letzten Jahr, als keiner mehr den Flüchtlingsstrom, der über die europäischen Länder hereinbrach und -bricht, ignorieren konnte, wurden überall an jedem Tisch Diskussionen darüber geführt. Ängste und Solidaritätsbekundungen wurden ausgetauscht. Aber auch Erwartungen, die an die Flüchtlinge gestellt werden.
Angesichts der Flüchtlinge um mich herum fragte und frage ich mich, ob ich überhaupt fassen kann, was sie verloren haben und welchen Gefühlen sie auf der langen Flucht ausgesetzt waren. Kann man in einer fremden Welt, in der man die Sprache und die neuen Abläufe noch nicht versteht, seiner Identität treu bleiben? Diese Suche nach einer neuen Heimat wird im Jahr 2030 sicherlich noch nicht abgeschlossen sein und wird die verschiedenen Wanderungsrouten nur noch schärfer konturieren.
Zum Nachdenken darüber wurde ich u.a. durch die achte Ausschreibung derKap-Hoorn ART in Bremen angeregt. Das Thema der Ausstellung „Kunst in der Halle 2016“ lautet „planet eARTh – agenda 2030“. Künstler_innen wurden aufgefordert, sich künstlerisch mit den Fragen auseinander zu setzen, „wohin die Zukunft den einzelnen Menschen, unsere Gesellschaft, Länder, Kulturen und letzten Endes alle Lebewesen auf dem Planeten Erde führt? Und wo könnte sie uns hinführen, wenn erweiterte Denkansätze und Entscheidungen im Sinne einer „agenda 2030“ zeitnah umgesetzt würden?“
Ich verwendete als Grundlage mein Triptychon Im braunen Strom, das 2003 entstanden ist. Normalerweise ist natürlich etwas mehr Abstand zwischen den einzelnen Leinwänden, die für das Foto hier nebeneinander gestellt worden sind.
Schon damals erinnerte mich der weiße Komplex auf dem linken Bild an eine städtische Silhouette, die so nicht für eine deutsche Topographie typisch ist. Wahrscheinlich war es neben der panoramahaften Anordnung genau das, was mich zum Triptychon greifen ließ.
Ein Zeitungsartikel über den Zahlungsdienstleister Western Union, der sich als Wegbegleiter des Flüchtlingsstroms satt wächst, machte den Anfang: Schnipsel des Artikels kamen auf die mittlere Leinwand und wurden mit Farben verbunden. Eine imaginäre Route, bestehend aus dem Wechsel von Hoffnung und Angst, führt durch ein imaginäres Land. Flankiert wird sie im linken Bild von der Heimat, in der das ICH (das für die Herkunft, Zugehörigkeit und Identität steht) gar nicht in Frage gestellt wird. Im rechten Bild dagegen gerät dieses selbstverständliche Ich ins Wanken. Scheinbar gerettet wird weiterhin täglich ums Überleben an diesem neuen Lebensort gekämpft. Für manche wird er später vielleicht Heimat bedeuten, für viele andere nicht.
Das Triptychon kann man – zusammen mit zwei weiteren meiner Bilder – am 21. und 22. Mai 2016 auf der Kap-Hoorn ART „Die Achte“ in Bremen sehen. Dort zeigen über 50 nationale und internationale Künstler ihre Vorstellungen zu planet eARTh – agenda 2030.
Der Titel ist natürlich nur im drucktechnischen Sinne gemeint: Letzten Herbst haben meine Bremer Kollegin Daniela Revink und ich uns für zwei Tage in der BBK-Druckwerkstatt in Bethanien eingemietet, um alte und neue Radierungen zu bearbeiten. Wir waren ja schon im vergangenen April zu einem Auffrischungskurs bei Gloria Alonso González gewesen. Nun ging es darum, unser Wissen zu verfeinern.
Durch Zufall wurden wir auf die Schätze in der Restetonne aufmerksam. Manche Streifen und Platten hatten schon Kratzer oder waren sogar schon geätzt worden. Andere besaßen noch den Abdecklack mit Abschabungen, die sich ein Streifen in der Tonne holen kann. Daniela kam auf die Idee, einen Streifen mit der Blechschere in verschiedene Formate zu schneiden. Anschließend bearbeitete sie beide Platten noch einmal mit der Radiernadel und versenkte sie dann in der Säure. Leider war die Säure nicht ganz so knackig wie gewohnt, sodass einige unserer Ätzungen nachher recht blass wirkten. Aber wenn man es weiß, lässt man sie halt einfach länger darin liegen.
Für partielles Ätzen kreierte Daniela einen innovativen Säurepinsel aus einem Wattebausch und einem Ohrenstäbchen, da normale Pinsel in der Säure relativ schnell kaputtgehen. Mit dem Pinsel trug sie die Säure nur auf bestimmte Partien auf, um sie zu verstärken. Anschließend wurden einige davon noch ins Vollbad gelegt.
Ich arbeitete weiter mit dem Vernis-mou-Verfahren, einer Weichgrundätzung, bei der die Platte mit einem sehr weichen Ätzgrund eingerieben wird. Anschließend wird vorsichtig ein Seiden- oder Butterbrotpapier darüber fixiert. Und nun am besten nicht mit den Fingern oben darauf abstützen, denn dieser Abdruck wäre – ähnlich wie bei der Monotypie – sofort auf der Platte sichtbar.
Danach zeichne ich mit einem Graphit- oder anderem Stift auf das Papier. Dort, wo das Papier die Ätzgrundschicht berührt, nimmt es sie von der Platte ab. Ist die Zeichnung fertig, kann ich noch etwas Strukturiertes wie z.B. Gaze in die Schicht eindrücken und lege dann die Platte in die Säure. Tatsächlich hält die weiche Schicht die Säure ab, sich in die Platte zu „fressen“. Nur dort, wo die Linien freigelegt wurden, kann sie sich einätzen. Mir gefällt an dieser Technik, dass ich wirklich mit dem Stift zeichnen kann. Das Sperrige einer Ätzradierung, bei der man den Abdecklack mit der Radiernadel freilegt, gibt’s hier nicht.
Bei der Kleinen Schwester können kurzfristig auftretende Hunger- und Durstgefühle sofort befriedigt werden. Das ist immer gut, um anschließend gut weiterarbeiten zu können.
Als nächstes will ich versuchen, die Vernis-mou-Radierung mit der Aquatinta zu verbinden. Mal sehen, wie das ausschaut.