Archiv der Kategorie: Im Atelier

Ordnung schaffen – In Mäusetopias Bälleparadies (Teil 2)

Wir waren heute sehr gespannt nachzuschauen, wie Heimkino- und Futterentzug sich auf unsere Mitbewohner auswirken würde. Wir begannen mit unserer Recherche im Papierregal, was in der Kammer ganz vorn liegt. Hatten sie sich auch hier am Aquarell- und Kupferdruckpapier oder unseren Papierraritäten aus anderen Ländern gelabt? Waren sie gar in die Kiste der Sinnesreise aus einem meiner Seminare geschlüpft, um ihre Wahrnehmung zu erproben?

Vorsichtig aber mutig begannen wir gleich mit den Kisten, die im oberen Regal eher ruhig und unangetastet stehen. Doch Fehlanzeige. Weder der Handschuh mit den angeklebten Kreidestiften noch die Tastkästen waren besucht und ausprobiert worden. Einen kurzen Schreck bekamen wir, als aus einem Kasten ein Ding mit einem Eigenleben herausrutschte. Doch es war nur ein grünes kleines Monster mit Glubschaugen und elastischen Tentakeln.

Ordnung schaffen – In Mäusetopias Bälleparadies (Teil 2) weiterlesen

Aus Kopier- wird Aquarellpapier

Ich lese gerne Artikel, in denen Menschen ihre Erfahrungen mit Kunstmaterial preisgeben. Der Farbsammler hat vor einem Jahr Aquarellpapier ausprobiert und so darüber geschwärmt, dass ich sofort Lust bekam, meine Aquarellfarben und Zeichentuschen einzusetzen. Das Problem war nur, dass ich kein Aquarellpapier zur Hand hatte und es zudem Wochenende war. Aber das hielt mich nicht auf, denn wer Kopierpapier hat, kann daraus nach kurzer Zeit eine Art Aquarellpapier machen.

Dafür braucht ein/e experimentierwillige/r Künstler*in

  • Papierschnipsel z.B. aus Kopierpapier („Schmierpapier“, kann beschrieben oder bedruckt sein), die man am einfachsten mit dem Aktenvernichter herstellt,
  • eine Plastikwanne oder einen Eimer,
  • viel Wasser,
  • einen Pürierstab o.Ä.,
  • einen Schöpfrahmen zum Schöpfen des Papiers,
  • Zeitungspapier
  • und ein klein wenig Geduld.

Die Papierschnipsel werden ein paar Stunden oder über Nacht gewässert. Dann können mit dem Pürierstab (ich habe einen ausrangierten) die Schnipsel zum Papierbrei (Pulpe) klein gehäckselt werden. Wichtig ist, dass immer noch genügend Wasser im Bottich vorhanden ist, damit der Pürierstab nicht heiß läuft. Das Ergebnis ist eine sämige, breiige Masse.

Am besten funktioniert das Papierschöpfen in einer Wanne, in die man den Schöpfrahmen vollständig eintauchen kann. Das richtige Verhältnis von Pulpe zu Wasser sieht so aus, dass sie von der Konsistenz her wie eine pürierte, leicht wässrige Suppe aussieht. In manchen Büchern wird das Verhältnis 1:9 (Pulpe:Wasser), in anderen 1:4 angegeben. Probiert einfach aus, was euch am besten behagt.

Nun wird der Schöpfrahmen schräg in die Masse eingetaucht und gerade wieder herausgehoben. Ich lege dann von oben ein Zeitungspapier auf und drücke damit das Wasser durch das Sieb aus dem Pulp heraus. Anschließend „stürze“ ich das Sieb mit dem Papierbrei und dem Zeitungspapier, sodass das Sieb oben liegt. Vorsichtig wird es von der Pulpe abgeklopft. Dann kann diese auf dem Zeitungspapier trocknen. Fertig ist das handgeschöpfte „Aquarellpapier“, das natürlich nicht dem Standard entspricht. Das Trocknen dauert eine ganze Weile. Für Nass-in-nass-Malerei kann es natürlich schon verwendet werden, wenn es noch feucht ist.

Tipp: Wasser aus dem Trockner ist gut geeignet, weil es keine Nährstoffe mehr enthält. So kann die Pulpe auch mal ein paar Tage stehenbleiben, bis sie aufgebraucht worden ist. Und sollte zu viel Pulpe gemacht worden sein, aber zu wenig Zeit zum Schöpfen zur Verfügung stehen, wird sie im Sieb vom Wasser befreit, ausgewrungen und trocken gelagert, bis sie irgendwann wieder in Wasser aufgeweicht wird.
Manche benutzen übrigens lieber saubere Spültücher, um die geschöpfte Lage Papier zu halten und auf die Wäscheleine zu hängen.

Meinen Schöpfrahmen habe ich selbst gebaut. Ich habe einen Holzrahmen (lackiert ist gut, aber nicht zwingend notwendig) des schwedischen Möbelhauses genommen und ein Gitter, das man normalerweise für Kellerfenster verwendet, darauf getackert. Man kann aber auch eine sehr feinmaschige Gardine nehmen.

Falls die Wanne nicht groß genug für den Schöpfrahmen ist, kann man auch mit einem Becher die Pulpe auf den Schöpfrahmen gießen. Das Ergebnis ist nicht so gleichmäßig, aber lohnt sich vor allem, wenn man mehrere farbige Pulpen verwendet (Das Verfahren beschreibe ich noch in diesem Frühling in einem anderen Beitrag).

Fürs Bemalen kann das Papier trocken oder feucht sein. So sehen Aquarellfarben und -stifte, Beize und Tusche auf dem Papier aus.

Veränderung eines Bildes

Im letzten Jahr, als keiner mehr den Flüchtlingsstrom, der über die europäischen Länder hereinbrach und -bricht, ignorieren konnte, wurden überall an jedem Tisch Diskussionen darüber geführt. Ängste und Solidaritätsbekundungen wurden ausgetauscht. Aber auch Erwartungen, die an die Flüchtlinge gestellt werden.

Angesichts der Flüchtlinge um mich herum fragte und frage ich mich, ob ich überhaupt fassen kann, was sie verloren haben und welchen Gefühlen sie auf der langen Flucht ausgesetzt waren. Kann man in einer fremden Welt, in der man die Sprache und die neuen Abläufe noch nicht versteht, seiner Identität treu bleiben? Diese Suche nach einer neuen Heimat wird im Jahr 2030 sicherlich noch nicht abgeschlossen sein und wird die verschiedenen Wanderungsrouten nur noch schärfer konturieren.

Zum Nachdenken darüber wurde ich u.a. durch die achte Ausschreibung der Kap-Hoorn ART in Bremen angeregt. Das Thema der Ausstellung „Kunst in der Halle 2016“ lautet „planet eARTh – agenda 2030“. Künstler_innen wurden aufgefordert, sich künstlerisch mit den Fragen auseinander zu setzen, „wohin die Zukunft den einzelnen Menschen, unsere Gesellschaft, Länder, Kulturen und letzten Endes alle Lebewesen auf dem Planeten Erde führt? Und wo könnte sie uns hinführen, wenn erweiterte Denkansätze und Entscheidungen im Sinne einer „agenda 2030“ zeitnah umgesetzt würden?“

Im braunen Strom, 2003
Im braunen Strom, 2003

Ich verwendete als Grundlage mein Triptychon Im braunen Strom, das 2003 entstanden ist. Normalerweise ist natürlich etwas mehr Abstand zwischen den einzelnen Leinwänden, die für das Foto hier nebeneinander gestellt worden sind.

Schon damals erinnerte mich der weiße Komplex auf dem linken Bild an eine städtische Silhouette, die so nicht für eine deutsche Topographie typisch ist. Wahrscheinlich war es neben der panoramahaften Anordnung genau das, was mich zum Triptychon greifen ließ.

Ein Zeitungsartikel über den Zahlungsdienstleister Western Union, der sich als Wegbegleiter des Flüchtlingsstroms satt wächst, machte den Anfang: Schnipsel des Artikels kamen auf die mittlere Leinwand und wurden mit Farben verbunden. Eine imaginäre Route, bestehend aus dem Wechsel von Hoffnung und Angst, führt durch ein imaginäres Land. Flankiert wird sie im linken Bild von der Heimat, in der das ICH (das für die Herkunft, Zugehörigkeit und Identität steht) gar nicht in Frage gestellt wird. Im rechten Bild dagegen gerät dieses selbstverständliche Ich ins Wanken. Scheinbar gerettet wird weiterhin täglich ums Überleben an diesem neuen Lebensort gekämpft. Für manche wird er später vielleicht Heimat bedeuten, für viele andere nicht.

Im braunen Strom - Etappen einer Flucht, 2003/2015
Im braunen Strom – Etappen einer Flucht, 2003/2015

Das Triptychon kann man – zusammen mit zwei weiteren meiner Bilder – am 21. und 22. Mai 2016 auf der Kap-Hoorn ART „Die Achte“ in Bremen sehen. Dort zeigen über 50 nationale und internationale Künstler ihre Vorstellungen zu planet eARTh – agenda 2030.

Neue Serie: Kleine Landschaften

Im Mai und September habe ich an einer weiteren Serie gearbeitet. Sie ist entstanden, als ich neues Papier ausprobierte. Das Papier ist sehr glatt, sodass Feder und Pinsel ungehindert darüber gleiten können. Nichts kratzt. Und so entstanden hakenschlagend und fließend die Kleinen Landschaften.

Früher mochte ich das Zeichnen von Landschaften überhaupt nicht, da sie für mich keinen Anfang oder ein Ende besaßen. So fiel mir die Entscheidung für einen Ausschnitt damals noch schwer. Doch diese Landschaftsskizzen kamen ganz leicht aus der Feder. Mittlerweile scheine ich so viele Topographien in meinem Gedächtnis gespeichert zu haben, dass ich mich nicht mehr entscheiden muss, wo ich anfange, sondern nur noch die Farben festlege.

Und doch werden sie bei mir thematisch nicht viel Raum bekommen und Raritäten bleiben.

Bröskampscher Kunstherbst

Zurzeit laufen die Vorbereitungen für den Messestand auf der Berliner Liste sowie die Präsentationen bei 3 Tage Kunst und dem Teltower Kunstsonntag. Bilder auswählen, Passepartouts schneiden, den Transport und Aufbau planen… all das beschäftigt mich umfangreich. Wie gut, dass die Arbeiten und Hängung für die Messe 3 Tage Kunst schon seit Juni festgelegt sind. So bleiben dafür nur noch die Feinarbeiten zu koordinieren. Für die Berliner Liste dagegen ist alles noch offen. Jeder Künstler und jede Galerie bekommen eine Koje unterschiedlicher Größe zugewiesen. Bei meinem Stand besteht noch die Besonderheit, dass ein 90 cm hohes Podest kojenfüllend eingebaut wird. So habe ich den Tipp bekommen, mir ein Standmodell im Maß 1:10 zu bauen, um besser planen zu können.
Ich habe mir Karten in Rahmengröße zugeschnitten und Fotos meiner Bilder kopiert, um einen Eindruck zu erhalten, wie die Zusammenstellung wirkt.

Standmodell Berliner Liste

Es werden natürlich nicht alle Bilder, die hier im Miniformat zu sehen sind, ausgestellt. Die Vorderansicht könnte z.B. von den Monotypien bestimmt werden, wie es auf dem 2. und 3. Foto zu sehen ist (ein Klick auf die Fotos zeigt die gesamte Ansicht). In 2 Tagen werde ich wissen, wie der Stand wirklich aussieht.

Austausch Bremen – Berlin (Teil 1)

Mitte Oktober war meine Bremer Künstlerkollegin Daniela Revink bei mir zu Besuch. In meinem Atelier knüpften wir wieder an unseren Atelieraustausch vom März an und stellten vielerlei Materialien zum Experimentieren auf den Tisch: Tusche, Beize, Marmormehl, Kleister, Collagematerial, Pinsel, Zeichenfedern und Pipetten.

Daniela entdeckte die Pipette für sich neu und variierte die Erscheinungsformen des Flecks durch unterschiedliche Fallhöhen.

Ich setzte mich mit den Eigenschaften des Marmormehls auseinander. Mit angerührtem Kleister vermischt, wird es zu einer pastosen Strukturpaste, die mit den Fingern, Pinsel, Spachtel oder Palettmesser aufgetragen und bearbeitet werden kann. Dadurch entsteht eine reliefartige Struktur. Die Schichten können zwar nicht sehr dick aufgetragen werden, aber für ein leichtes Relief reicht es vollkommen. Die Paste kann auch mit Acrylfarben und Beize eingefärbt werden, wodurch der Farbton etwas heller wird. Aber auch nach dem Trocknen kann sie übermalt werden.

IMG_5307

So richtig angesprochen hat mich das Marmormehl noch nicht. Ich bin davon ausgegangen, dass ich es stärker modellieren kann. Aber ich werde noch ein paar mal damit experimentieren.

Am nächsten Tag fuhren wir dann nach Bremen, um dort unseren Atelieraustausch fortzusetzen.

Neue Wege

Vor genau einem Jahr bekamen meine Atelierkollegin und ich die Kündigung ins Haus. Sieben Jahre hatten wir in unserem Dachatelier gearbeitet, experimentiert und Ausstellungen konzipiert. Nun sollte eine schicke Maisonnettewohnung daraus werden.

Im Atelier Leibnizstraße
Im Atelier Leibnizstraße

Der Auszug war also unausweichlich, der Trennungsschmerz dementsprechend kurz, denn so ein Umzug birgt nicht nur Nachteile. Endlich hatten wir die Möglichkeit, uns ein besseres, helleres Atelier zu suchen. Eines, vor dem wir auch mal sitzen können, wir nicht jedes Mal in den 5. Stock hinaufsteigen und wo ich keine Parktickets ziehen muss. Voller Tatendrang lernten wir die wüste Berliner Atelierlandschaft kennen und staunten nicht schlecht, was so alles als Atelier angeboten wird: ein kleines Eckchen  (5 qm) in einer Ateliergemeinschaft für 200 €. Aber auch  Untervermietungen von Ateliers zu Zeiten, in denen der Hauptmiet-Künstler nicht kann (montags und freitags), und natürlich Wohnungen. Mein Favorit war allerdings ein Keller in einem wunderschönen alten Gemäuer. Ich bezwang meine Abneigung gegen die dort wohnenden Nagetiere und stieg hinab in eine dunkle Gruft ohne Tür, Fenster und Wasseranschluss. Über den Müll hinweg, den dort Generationen von Menschen abgestellt hatten, visionierte der Vermieter über die Kunst und Anpassungsfähigkeit von Künstlern. Ich lauschte ihm andächtig – er machte seine Sache wirklich gut. Aber letztendlich siegte doch mein Wunsch nach einem hellen, oberirdischen Atelier mit abschließbarer Tür und Wasser in unmittelbarer Nähe, das, wie ich danach im Stillen hinzufügte, auch frei von Mäusen und Ratten sei.

Auch die Nachfragen und Bewerbungen beim Kulturamt und dem Atelierförderprogramm des bbk berlin waren nicht erfolgreich. Glücklicherweise konnten wir unser mittlerweile reduziertes Atelierinventar in unserem Gartenhaus unterstellen, wo wir uns nun unerwartet zufrieden ausgebreitet haben. Unsere Wünsche konnten wir verwirklichen. Keine fünf Treppen mehr, keine Parktickets, helles Licht und eine Raumhöhe von 2,60 m (vorher hatten wir knapp 2 m). Wir können draußen sitzen und auch dort arbeiten. Naja, nur der allerletzte Wunsch nach einer mäusefreien Zone ist nicht in Erfüllung gegangen. Aber das ist eine andere Geschichte…

Atelier Bröskamp
Atelier Bröskamp