Die Tage auf der Berliner Liste mehren sich, sodass wir in unserem kleinen familiären Künstlerverband vom Stand A 1.32-1.38 sowie A 1.67 und A 1.72 manchmal mit den Wochentagen völlig durcheinander kommen. Die Tage verlaufen auch recht ähnlich: um 13 Uhr macht die Messe auf und um 21 Uhr wieder zu. Dazwischen beraten und erzählen wir den Besuchern etwas über unsere Kunst, verkaufen auch, massieren (wenn keiner hinschaut) unsere schmerzenden Beine bis der nächste Besucher um die Ecke schaut. Aber der große Ansturm lässt auf sich warten, und wir fragen uns, woher das kommt. Sind es die beiden anderen konkurrierenden Messen, die parallel stattfinden und zu denen die Besucher strömen? Oder ist es der kritische Zeitungsartikel einer Berliner Tageszeitung, der uns mangelnde Qualität vorwirft? Letzterem Vorwurf stehe ich verständnislos gegenüber, denn ich sehe doch die Kunst der anderen, spreche mit den Künstlern und höre den spannenden Ideen zu, die sie mit steigernder Leidenschaft erzählen. Nein, an der Qualität im Obergeschoss kann es nicht liegen. Eher an der fehlenden Bereitschaft des Journalisten, mit uns zu sprechen.
Heute habe ich mit René Damen gesprochen. Bei einem Rundgang sind mir gestern seine künstlerischen Setzkästen aufgefallen. Wunderschöne Konzeptionen, welche die strukturierte vorgegebene Ordnung des Setzkastens nutzen, um dem jeweiligen Thema oder Gedanken viel Raum zu geben. René Damen arbeitet sowohl mit Inhalten, wie auch mit kompositorischen Farbzusammenstellungen und -verläufen. Nahezu kalligraphische Zeichnungen werden für den Setzkasten in Teile geschnitten und entweder in der „richtigen“ Reihenfolge oder in einer abgeänderten Version wieder in den einzelnen Vertiefungen eingesetzt. Im Kunstwerk Haiku II geht der Künstler eine Verbindung von Zeichnungen mit übersetzten Haikus eín, die auf kleinen Zetteln ihren Platz im Setzkasten finden. Dabei geben die Texte nicht nur Anregung zur Interpretation der Assemblage, sondern bestimmen mit dem leicht angegilbten Papier auch farblich die Komposition mit.
René gestaltet auch Kästen, in denen er sich mit den Facetten einzelner Personen auseinander setzt. Neben bekannten wie Nelly Sachs, Gottfried Benn und Miró beeindruckte mich die montierte Erinnerung an eine junge Frau, die vor einem Jahr gestorben ist. Lichte Farbflächen leuchten in der Variation von schwarzen und grauen Farbtönen auf, die sich auf die hellen Momente innerhalb ihrer depressiven Phasen beziehen. Die dunklen Einsätze sind jedoch nicht einfach nur trostlos, sondern vermitteln in diesem strukturierten Rahmen eine Art von edler Ästhetik. Das unterstützt die respektvolle Art, mit der René Damen den Freitod der Frau gedenkt (Maren 2014).
Auch hier kann ich einen Besuch am Stand A 1.05 oder auf seiner Webseite nur empfehlen.
Ich lese voller Spannung deine täglichen Tagesberichte der
derzeitigen Ausstellung.
Es ist sehr kollegial deine Hinweise auf andere Kunstschaffende.
Kann mich nicht erinnern, dass auch schon mal von anderen
Künstlern gelesen zu haben.
Das freut mich sehr, dass ich mit euch rege Leserinnen habe! Für andere zu schreiben macht ja noch mehr Spaß als für mich allein.
Das kollegiale Beschreiben mache ich ebenfalls gern. Die anderen haben mir einen offenen Blick in ihre Arbeit gestattet, sodass ich meine Begeisterung gerne weitergebe.
Dito! Katja ist ja auch eine ganz besondere Künstlerin!!!
Ich habe die Berliner Presse hier in Bremen noch nicht gelesen (muss ich erst noch suchen) aber ich denke ohne Kommunikation wird nur mit dem Kamm an der Oberfläche gekratzt. Wenn Du sagst es fehlt den PressevertreterInnen an deren Bereitschaft mit Euch zu reden dann fehlt es auch an der Bereitschaft sich mit Eurer Kunst auseinanderzusetzen und darüber objektiv zu berichten. Das ist schade und wie ich finde, eine vertane Chance … für alle.
Ich würde gern noch viel mehr über die ausstellenden KünstlerInnen und ihre Arbeit erfahren. Diese Möglichkeit hat man selten.
Mit deiner Einschätzung liegst du vollkommen richtig, auch wenn die Journalisten sicherlich ganz andere Argumente zur Hand hätten. Texte über Promis bringen bisher eben mehr Reputation.
Ich kann mich der Meinung von Gesa nur anschließen. Ich finde es nicht nur kollegial, sondern auch interessant andere Künstler und ihre Techniken kennenzulernen.